Sustainability Strategy: Tomorrowing Today bei FUCHS PETROLUB mit Apu Gosalia

Infinity Mannheim hatte die Gelegenheit Herrn Apu Gosalia, den Verantwortlichen für Nachhaltigkeit bei FUCHS PETROLUB, zu interviewen. Dem Schmierstoffunternehmen gelang es 2016 als erste Firma aus der Chemieindustrie, den Deutschen Nachhaltigkeitspreis in der Kategorie: „Unternehmen“ zu gewinnen.

Herr Gosalia, wie passt Nachhaltigkeit in die Chemieindustrie?

Die gefühlte Wahrnehmung der Öffentlichkeit ist leider meist immer noch, dass die Produkte der Chemieindustrie per Saldo der Umwelt und der Gesellschaft eher schaden, als nutzen. Dabei schließen sich Chemie und Nachhaltigkeit meines Erachtens nicht per se aus. Schauen wir uns bspw. einmal Schmierstoff-Produkte an: Diese reduzieren Reibung, Verschleiß und Korrosion, wodurch weniger Energie verbraucht wird, Emissionen reduziert und Ressourcen eingespart werden. Allein in Europa verbraucht jeder Mensch im Jahresdurchschnitt ca. 12 kg Schmierstoffe. Meine 17-jährige Laufbahn in der Branche hat mir gezeigt, dass viele Schmierstoff-Produkte nach dem Ende ihrer eigentlichen Funktion wieder recycelt werden können. Natürlich haben leider auch einige Unternehmen ungewollt dazu beigetragen, dass die Chemieindustrie manches Mal  mit einem negativen Image zu kämpfen hat. Es ist deshalb wichtig hier unternehmens- und sektorspezifisch innerhalb der gesamten Chemiebranche zu differenzieren.

Was bedeutet Nachhaltigkeit für Sie und wie definieren Sie sie bei geschäftlichen Entscheidungen?

Nachhaltigkeit ist für mich immer noch ein inflationär gebrauchtes Wort. Es scheint mir, dass jeder es versteht, aber jeder etwas Anderes darunter versteht. Es ist äußerst wichtig, in jedem Geschäftszweig den Begriff „Nachhaltigkeit“ streng und authentisch an der jeweiligen Unternehmens-DNA bzw. am Geschäftsmodell zu definieren. Das haben wir bei FUCHS gemacht. Wir versuchen ständig bei unseren Prozessen, die nachhaltige Komponente entlang der drei Dimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales zu messen. Es geht darum zu fragen, wo wir heute stehen und wie wir uns nachhaltig in die Zukunft weiterentwickeln wollen.

Worauf sollten Unternehmen achten, um „Nachhaltigkeit“ erfolgreich in ihre Unternehmensstrategie zu etablieren?

Eine Nachhaltigkeitsstrategie darf nicht allein auf ein positives Marketing hin ausgerichtet sein, denn das wäre Greenwashing. Ich halte nichts davon, nach außen hin etwas darzustellen, was keine Substanz nach innen hat. Zu Beginn sollten Unternehmen sich vergegenwärtigen, was in ihrem Handlungsspektrum möglich und sinnvoll ist. Das setzt eine Bestandsaufnahme entlang der Wertschöpfungskette, vom Rohstoffeinkauf, über die Forschung und Entwicklung zur Produktion, bis hin zum Verkauf der Produkte, voraus. Dann gilt es zu überlegen, wo und wie – ohne das Geschäftsmodell zu schädigen – nachhaltige Komponenten eingebaut werden können um die gegebenen internen Unternehmensprozesse nachhaltig zu standardisieren und zu optimieren.

Herr Gosalia, wie ist Ihr Eindruck? Wie viele Führungskräfte verstehen wirklich die Dringlichkeit und die Komplexität der Umsetzung von Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie?

Die Dringlichkeit der Umsetzung haben leider noch nicht alle Unternehmenslenker richtig verstanden – das ist in keinster Weise arrogant oder überheblich gemeint. Diese Dringlichkeit sollte m.E. nicht nur von externen Stakeholdern, wie NGOs, Gesetzgebern, Lieferanten oder Kunden bestimmt werden, die in der heutigen Zeit erwarten, dass Unternehmen sich nachhaltig am Markt positionieren, sondern sie sollte auch aus intrinsischen Gründen gegeben sein und besonders Sie als Young Professionals erwarten ja zurecht, dass wir auch unserer Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Umwelt gerecht werden.

Zur Komplexität – ich glaube die meisten, wenn nicht sogar alle Führungskräfte, die sich mit Nachhaltigkeit beschäftigen, verstehen die Komplexität, die das Thema mit sich bringt. Das wichtigste Ziel ist nach wie vor Profite für das Unternehmen zu erzielen. Das ist auch das nachhaltigste Ziel. Denn nur wenn ein Unternehmen rentabel ist, kann es dauerhaft nachhaltig agieren. Die Komplexität besteht nun darin, den sozialen und ökologischen Impact mit einzuweben. Natürlich entstehen dadurch Zielkonflikte. Einige Unternehmenslenker haben aber leider immer noch die Angst, ökologische und soziale Ziele könnten nur zu Lasten von ökonomischen Zielen erreicht werden. Es gibt konkrete Beispiele und Projekte – auch bei FUCHS – die dem widersprechen. Man kann sehr wohl das eine tun, ohne das andere zu lassen.

Welche erfolgreichen Unternehmensbeispiele für ein gelungenes Nachhaltigkeitsmanagement kommen Ihnen in den Sinn?

Wenn Sie nach erfolgreichen Beispielen fragen, will ich gerne auf die Metropolregion Rhein-Neckar verweisen. Hier sind viele innovative Unternehmen angesiedelt, die eine tolle Nachhaltigkeitsarbeit machen, wie ich finde. Jede Branche braucht einen Benchmark und einen Front-Runner. Für die Chemiebranche in Gesamtheit, würde ich hierzu Firmen, wie eine BASF oder auch eine EVONIK zählen. Als weltweit größtes Chemieunternehmen hat die BASF natürlich auch den größten Druck, Nachhaltigkeit entsprechend zu besetzen. BASF hat das Thema meines Erachtens sehr früh und sehr professionell vorangetrieben. Um ein Beispiel zu nennen: Durch effektive Tools wie bspw. deren Sustainable Solution Steering teilt die BASF ihr gesamtes Produktportfolio nach Nachhaltigkeitskriterien ein. Damit hat das Unternehmen am Markt und für sich selbst ein Bewertungsraster entwickelt, wie es seine Produkte nach Nachhaltigkeit definieren kann. Dadurch können Produktrisiken früh identifiziert werden und das Unternehmen kann entscheiden, welche Produkte optimiert oder ausgetauscht werden müssen. Ich weiß das so genau, weil wir seit 2 Jahren einen regelmäßigen partnerschaftlichen FUCHS-BASF-Austausch im Rahmen von Sustainability Workshops etabliert haben.

Auch wir bei FUCHS haben anhand unserer Stellung am Ende der Wertschöpfungskette geprüft, welches die wichtigsten Nachhaltigkeitskriterien und -risiken sind, die uns betreffen. Wenn wir 100% der Rohstoffe einkaufen, muss unsere Nachhaltigkeit u.a. durch die eingekauften Rohstoffe und die Weiterverarbeitung unserer Produkte definiert werden.


Apu Gosalia engagiert sich in vielen Initiativen und Veranstaltungen der Uni Mannheim und steht in enger Kooperation mit dem CSR-Lehrstuhl von Prof. Dr. Schons. Leidenschaftlich hat er sowohl die erste TEDx Veranstaltung der Uni Mannheim, das Q-Summit, als auch das Mannheim Forum unterstützt.

 

Ein Blick in die Vergangenheit: Welche Herausforderungen mussten Sie auf Ihrem Weg zu einer Karriere in der Nachhaltigkeit bewältigen?

Es ist jeden Tag eine neue Herausforderung mit viel Überzeugung und Überzeugungsarbeit. Wenn Nachhaltigkeit als ein ständiges Optimieren verstanden wird, ist sie eine Reise, die nie zu Ende geht. Und wenn ich auf die letzten sieben Jahre unserer Nachhaltigkeitsarbeit bei FUCHS zurückblicke, war und ist die größte Herausforderung, Menschen immer wieder für diese Thematik zu sensibilisieren. Es geht m.E. um die “3 M’s und die “3 P’s“ der Nachhaltigkeit: “Messen, Managen und Modifizieren“ einerseits, sowie “Profit, Planet und People“ andererseits. Die Herausforderung besteht darin, durch die “3 M’s“ herauszuarbeiten, wie man die “3 P’s“ in Einklang bringt, also wie man weiterhin Profite machen kann und dabei den sozialen und ökologischen Fußabdruck optimiert.

Was hat Ihnen Ihre Arbeit in der Nachhaltigkeit gelehrt?

Es ist ein unglaublich spannendes, aber auch ein sehr herausforderndes Thema, was niemals an Relevanz verliert. Es ist ein Thema worum es sich zu kämpfen lohnt. Wir alle kennen die Herausforderungen, die meine und Ihre Generation zu bewältigen haben. Auch, wenn nicht alle Ideen realisiert werden, gibt es diese Erfolgserlebnisse, die einen antreiben und darin bestätigen das Richtige zu tun. Daher muss man sehr ausdauernd sein und einige blutige Nasen verkraften können.

Ein Blick in die Zukunft: Welche Veränderungen wünschen Sie sich in der Chemiebranche und in der Wirtschaft?

Die Chemiebranche hat eine ganz besondere Verantwortung gegenüber der Zukunft. Sie muss sich nicht komplett verändern, sie muss aber ihre „Resistance towards Change“ aufgeben. Wenn wir in die wörtliche Bedeutung von „Sustainability“ reinschauen, steckt das Wort „Sustain“, also „erhalten“ drin. Die Welt verändert sich jeden Tag und die Nachhaltigkeit ist wie ein Vehikel, um das Unternehmen zu erhalten und Veränderungen zu antizipieren. Themen, wie Digitalisierung und Elektromobilität werfen neue Fragen auf, die wir nur mit einer zukunftsorientierten Sicht meistern können. Es geht also um mehr, als nur zu versuchen einen bestehenden Zustand gegenüber diesen Disruptionen zu erhalten. Es geht zusätzlich auch darum, mögliche Potentiale, die sich evtl. erst zukünftig daraus materialisieren, zu erkennen und sich darauf einzustellen. Ich nenne das dann gerne „Tomorrowing Today“ oder bezogen auf unser Unternehmen „Futuring Fuchs“.

Welche Ratschläge können Sie jungen Menschen geben, die eine Karriere in der Nachhaltigkeit verfolgen?

Sie müssen ein gewisses Frustpotential aushalten können, Sie werden nicht immer Schulterklopfer bekommen. Sie müssen gegen den Strom schwimmen können. Glauben Sie dennoch an das Thema und damit meine ich auch, aus strategischer und wirtschaftlicher Sicht. Suchen Sie sich Mentoren und Befürworter, die Ihre Ideen ernst nehmen, kritisieren aber auch auf den Weg bringen und durchsetzen können und wollen. Allein wird meine Generation es nicht mehr schaffen. Ich ermutige alle jungen Menschen sich für das Thema einzusetzen und damit meine ich SIE bzw. Euch. Kurz: Gebt nicht auf!

Herr Gosalia – Haben Sie Vielen Dank für das Interview!

 


Über den Autor:

Duc Nguyen
Co-Founder & External Relations
Duc ist einer der Gründungslöwen, TED Speaker und leidenschaftlicher Hobbykoch. Er studiert BWL im sechsten Semester und kommt frisch aus seinem Auslandssemester in Montpellier zurück. Momentan arbeitet er als Werkstudent im Bereich Sustainability & Global Competitive Intelligence bei FUCHS PETROLUB SE.

Merken